Ich liebe Goslar
Ich liebe den Geruch von gebrannten Mandeln am Morgen, denn sie duften nach Weihnachten bei den Großeltern, nach Kindheit, nach – sprechen wir es doch einmal offen aus – Heimat! Und wo könnte man dieses traute Gefühl von Heimat besser spüren, als in Goslar, beim Besuch des berühmten Weihnachtsmarktes. Dort duftet es natürlich nicht nur nach Mandeln, sondern auch nach Zuckerwatte, kandierten Äpfeln und vielen anderen Leckereien, und das auf historisch getrimmte Ambiente des Marktplatzes tut sein übriges, um den Besucher in eine andere, längst vergangene Zeit zu versetzen. Die angebliche Kaiserstadt Goslar atmet eben nicht nur Geschichte, sie IST Geschichte.
Genauer: ein Fake. Kaum jemand weiß, dass Goslar eigentlich völlig unbedeutend ist und auch schon immer war. Die Geschichte von der Kaiserstadt ist nur ein späterer Marketingtrick, um Touristen in die Stadt bzw. auf den Weihnachtsmarkt zu locken. Tatsächlich war die sog. Kaiserpfalz im Mittelalter nur das erste Hotel am Platze, in dem die deutschen Könige und Kaiser abzusteigen pflegten, wenn sie Lust auf Zuckerwatte und Glühwein verspürten. Ganz im Vertrauen gesagt: Hitler ist auch nur nach Goslar gekommen, weil er verrückt nach Lebkuchenherzen war, der alte Romantiker. Wie verrückt, sieht man daran, dass er dafür sogar zum Ehrenbürger ernannt worden ist.
Denn das Einzige, was in Goslar wirklich zählt, ist der Weihnachtsmarkt, der zum ersten Mal für das Jahr 1009 n. Chr. urkundlich belegt ist, seine Ursprünge aber schon zu Zeiten der alten Römer hatte, die besagte Mandeln vom Mittelmeer in den Harz gebracht haben, um sie gegen den berühmten Harzer Käse einzutauschen und die auch dem Glühwein nicht abgeneigt waren.
Diese Jahrtausende währende Tradition hat dann auch den Ausschlag dafür gegeben, dass der Goslarer Weihnachtsmarkt im Jahr 1875 zum Weltkulturerbe erklärt worden ist, was ihn endgültig vor dem Zugriff der Braunschweiger Herrscher geschützt hat, die sich Goslar immer wieder einverleiben wollten, weil ihr eigener Weihnachtsmarkt weniger beliebt war.
Sehr zu empfehlen ist auch ein Abstecher zum nahegelegenen Rammelsberg, um die beeindruckenden Kelteranlagen zu besichtigen, die im Mittelalter von Mönchen in den Berg hineingetrieben worden sind, um die Unmengen des benötigten Glühweins reifen zu lassen.
Fazit: Wenn Sie das nächste Mal in Goslar sind, denken Sie nicht »Oh, in Goslar ist ja Weihnachtsmarkt.« – Nein, Goslar ist der Weihnachtsmarkt!
Und kaufen Sie die gebrannten Mandeln, die sind wirklich gut.